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Die
Entwicklung des Fahrsportes |
Entwicklung des
Fahrwesens und der Wagentypen Die Kampf-, Triumph- oder Wettrennwagen
der alten Perser sind ein geschichtlicher Begriff. Quadriga-Rennen in Rom und
in Byzanz hatten einen legendären Ruf.
Aber schon in der viel
älteren ägyptischen Kultur wurden Pferde zu allen Zwecken an den
Wagen gespannt. Dazu brauchte es Strassen. Das alte Sprichwort: "Alle Wege
führen nach Rom", es sollen bis zu 100'000 km insgesamt gewesen sein,
lässt erahnen, welche Kultur, auch Fahrkultur damals existierte.
Mit dem Zerfall des römischen Reiches zerfielen auch die Strassen. Diese
wurden immer schlechter und immer schwerer passierbar. Pferde konnten kaum mehr
als Zugtiere benutzt werden. Man ritt daher - sei es für die Reise, zur
Jagd, in den Kampf, zu Turnieren und bei Kriegszügen bis weit in das
Morgenland. Es war eines Ritters oder gar eines Potentaten unwürdig, sich
anders als zu Pferd fortzubewegen. Tragsänften wurden im Notfall
toleriert, mindestens bei Damen. So blieb es mehr oder weniger das ganze
Mittelalter hindurch.
Der älteste, im wesentlichen noch erhaltene
"Luxuswagen" des Mittelalters ist der "prunkvolle Kobel" des Kaisers Friedrich
III. aus dem Jahre 1452, der heute im Landesmuseum Joanneum in Graz steht. Er
soll der Hochzeitswagen seiner Braut Eleonore von Portugal gewesen sein.
Diese Art von Luxuswagen ist aber auch schon etwas früher, mit
dem Ausklang des 14 Jh. verwendet worden und zwar vorallem bedingt durch die
Entwicklung der höfischen Sitten und Gebräuche Frankreichs und
Burgunds zu jener Zeit.
Von hier ausgehend gewann die Wagenbenutzung
nach und nach und vorerst nur am Rande der geltenden Gepflogenheiten wieder
mehr an Bedeutung.
So entstanden die Begriffe der Karosse oder
Kutsche. Woher leiten sich diese Bezeichnungen als einer der zentralen Begriffe
unserer Betrachtungen überhaupt ab? Es scheint naheliegend, die
Entstehungsbasis dafür im altrömischen privilegierten Personenwagen
Carruca zu suchen. Die Begriffsgruppen "Carroza" (ital.) "Carrosse" (franz.)
"Carriage" (engl.) sind wohl leicht ableitbare Ausdrucksformen.
Die
traditionsreichen Magyaren führen ins Treffen, dass ihr König
Matthias Corvinus (1458 - 1490) - ein bedeutender Renaissance-Fürst - im
westungarischen Ort Kocs im Komitat Komorn seine Wagenbauer ansiedelte, die
hier leichtere, bequemere und sichere Fahrzeuge gebaut haben. Nachahmungen
dieser Wagen sind dann nach dem angeblichen Entstehungsort dieser Art Wagen -
Kocs - als "Coche" (franz.), "Cocci" (ital.), "Coach" (engl.) oder "Goetze"
(fläm.) und schliesslich Kutsche in unserem Sinn, genannt worden.
Es gibt auch noch andere, ebenfalls national modulierte Erörterungen und
Mutmassungen. So soll als Ursprungsbezeichnung das tschechische Wort Kotci
für sich stehen. Nach dieser Version soll eher der Ort Kocs seinen Namen
von den Kotci-Wagen erhalten haben, die dort in bester Art hergestellt wurden.
So verbreiteten sich die Pferdewagen vorerst an den Höfen Europas
über alle Stilepochen hinweg über die ganze Welt. Für jeden
Anlass wurden besondere Wagentypen gebaut. Repräsentations- und Galawagen,
Krönungskutschen, Reisewagen, "Selbstfahrer" zum Spazierenfahren in Parks,
Gesellschaftswagen, Coupés als Stadtwagen (Mietwagen), das Cabriolet als
zweirädriger Wagen besonders im Stadtverkehr sehr wendig. Im 19. Jh. war
es ein echter Modehit. Die Entwicklung ging weiter zu sogenannten Kavaliers-
oder Junggesellenwagen. Bereits zu dieser, für die Wagenkultur die
Blütezeit, wurden Fahrturniere durchgeführt, entweder als
Schönheits-Konkurrenz, Prix d' élégance, oder
Leistungsschauen. Wagenkorsos fanden in grossen europäischen Städten
täglich statt (Hydepark in London, Prater in Wien) und waren überall
sehr beliebt. Man legte Wert auf Stil, gepaart mit natürlicher Noblesse
und unaufdringlicher Elégance, wobei auch immer mehr die Eigenart und
die Qualität der Pferde, ihr Zusammenpassen, ihre Ausdrucksentfaltung und
all das, was damit im Zusammenhang steht in den Vordergrund rückten.
Kutschen und Gespanne im öffentlichen Personenverkehr
Immer mehr wurden die Wagen, Kutschen und Gespanne im öffentlichen
Personenverkehr eingesetzt. Es ist durchaus nicht alles rühmlich, was von
der einstigen Postkutschenherrlichkeit über Land oder von den
Mietkutschenbetreibern in den Städten berichtet wurde. Diese so oft
besungene Postillion-Romantik war im Spiegel der Wirklichkeit gar nicht so
reizvoll und erlebenswert. Es hatte seinen Grund, dass mancher Reisende vor dem
Antritt der Reise eine Messe lesen liess. Einige sollen sogar Hand- und
Beinschienen für alle Fälle mitgenommen haben (ähnlich ergeht es
heute den Bockrichtern bei der Geländeprüfung). Besonders verrufen
waren die sächsische und preussische Post. Oder denken Sie an die
Wildwestromantik (Filme). Die Post in Deutschland wurde 1820 reorganisiert und
ein regelmässiger Verkehr mit geregelter Postförderung eingerichtet,
die schnellste und leistungsstärkste Coach-Linie, die auch Post
beförderte war die private "Quicksilver" aus Devenport. Sie hatte eine
Bruttoreisegeschwindigkeit, einschliesslich Umspannen von 11 1/2 Meilen pro
Stunde und hielt diese Geschwindigkeit über 217 Meilen bis London durch!!
Auf die Einhaltung des Fahrplanes kam es an und hier gibt es wieder Parallelen
zum Fahrsport. In der Geländeprüfung müssen die Gespanne
fähig sein, über längere Distanzen eine bestimmte
Geschwindigkeit und Gangart peinlich genau einzuhalten. Im Jahre 1830 fuhren
90! vierspännige und etwa 5 zweispännige Coachs von London in allen
Richtungen ab. Ihre Abfahrt vom General Post Office, meist um 8 Uhr abends, war
eine Sehenswürdigkeit für London, die stets viele Zuschauer anlockte.
In der Weiterentwicklung gab es städtische
Personenbeförderungsmittel, Omnibusse. Bereits Ende des 17 Jh. entstand in
Paris ein Omnibusverkehr. Von individuellen Mietkutschen nicht abzusehen.
Übergang zur Gegenwart Um die Wende des 20. Jh.
erreichte die Kultur des Fahrens wohl den Höhepunkt. Die wirtschaftliche
Bedeutung der pferdebespannten Fahrzeuge war aber bereits deutlich im Abnehmen
begriffen. Dies äusserte sich zuerst und besonders einschneidend im
Reiseverkehr und der Güterbeförderung auf weite Distanzen. Durch den
Ausbau des Eisenbahnnetzes hatte sich der Fernverkehr auf die Schiene
verlagert. Bereits 1880 gab es 372 000 km ausgebautes Eisenbahnnetz. 1910 waren
es über eine Million km (davon 50 % in Amerika, 30 % in Europa, der Rest
fiel auf die übrigen gewaltigen Kontinentflächen Asiens, Afrikas und
Australiens).
Bis dahin beherrschten aber die Equipagen und
Pferdegespanne das Bild europäischer Grossstädte. Die kaiserlichen
und königlichen Marställe waren voll erhalten und wohlgepflegt. Auch
wurden die Fahrcorsos und neuer, die Concours d' élégance als
gesellschaftliche Höhepunkte abgehalten. Die Concours
d'élégance in Spa waren europaweit bekannt. Die Fahrmethoden
wurden ausgefeilt, die Korrektheit der Vorstellung war massgebend. -
Ursprünge zur heutigen Dressur - So begann sich aus der Fahrkultur oder
wenn man will aus dem Gespannsluxus nach und nach der erste Ausdruck eines
Fahrsports zu profilieren. An den Concours hippiques nahmen schon bald
auch Gespanne teil.
Der erste Weltkrieg und seine schicksalhaften
Folgen brachten durch die entstandenen gesellschaftlichen Umwälzungen auch
ganz andere Grundvoraussetzungen in der gesamten Fahrverwendung.
In
der Schweiz hatten viele Wohlhabende ihr Gespann mit eigenem Kutscher,
Bedienter (Butler) und Gärtner. Doktorsleute, Advokten, sogar der Pfarrer
hatten ein Gespann. Zu diesen gehörten aber auch die Landwirte, nicht nur
die Pferde vor dem Erntewagen, nein man fuhr am Sonntag mit dem Bernerwagen in
die Kirche und natürlich nicht zu vergessen die gewerblichen zahlreichen
gewerblichen Gespanne.
Die Wagen welche vom Bauernstand und auf dem
Land (ländliche Gespanne, ländliche Anspannung) gefahren wurden,
waren schlichte aber nicht weniger schöne Nachahmungen der
städtischen Gespanne, die zum Teil heute noch im Einsatz stehenden Berner
Wagen hatten ja auch Patentachsen aus Paris, sog. Pariserachsen.
In
der Zwischenkriegszeit und sogar noch nach dem zweiten Weltkrieg blieb aber das
Pferd in der Landwirtschaft wie überhaupt im ländlichen Raum die
tragende Zugskomponente schlechthin. Es ist der grosse Verdienst des
Bauernstandes, dass das Pferd uns erhalten geblieben ist und viele
Pferdesportler und Fahrsportler entstammen aus diesem Bevölkerungsteil.
Das gleiche gilt für die Pferdezucht. Die technische Entwicklung und damit
die sich einstellende Motorisierung in der Landwirtschaft vollzog sich zuerst
nur zögernd. Die ersten seltenen Dampfpflüge der 20er Jahre
beispielsweise waren umständliche Ungetüme, die schwere
Pfluggeräte mit Stahlseilen zwischen zwei Dampfmaschinen hin und her
zogen; sie waren nur bedingt und auf grossen ebenen Flächen verwendbar.
Entstehung des Fahrsportes Es mag Auffassungs- oder auch
Auslegungssache sein, wann das Fahren zum Fahrsport wird; vielleicht dann, wenn
es das engere Ausmass der Nützlichkeit übersteigt, vielleicht aber
erst, wenn die detaillierten Leistungen vergleichbare und messbare Werte
ergeben - Leistungswert eben.
Von dieser Warte aus gesehen, war das
Fahren im Rahmen der Coaching Days in England zweifellos ein anspruchsvolle
Fahrsport, insbesondere nachdem auch Gentlemen-Fahrer auf der Road"
erschienen sind.
Die pointierten Überlandfahrten ungarischer und
polnischer Magnaten oder pommerischer und mecklenbrurgischer Gutsbesitzer die
bei verschiedenen Gelegenheiten und Anlässen stattfanden, könnten
wohl auch als Fahrsportleistung besonderer Art angesehen werden.
Bei
den Concours' d'élégance der Jahrhundertwende durfte die
Überlegungsphase beginnen. Sie sind zweifellos als Ausgangspunkt für
die Entwicklung des Fahrsportes einzuschätzen. Jedenfalls trugen die
Concours d'élégance entscheidend dazu bei, dass das Fahren in die
Concours hippiques einbezogen worden ist.
Es sind dabei erste
Massstäbe gesetzt worden, die allerdings bei den jeweiligen Anlässen
noch recht unterschiedlich waren und es war den Veranstaltern überlassen,
sie zu formulieren oder festzulegen; übrigens ähnlich wie es
ursprünglich auch beim Reiten war.
Aachen hat sich so seit den
Zwanzigerjahren geradezu zum Mekka des Fahrsportes entwickelt und bleibt auch
weiterhin diesem Ruf gerecht. Auch bei den vielen grossen landwirtschaftlichen
Ausstellungen und Umzügen stand das Fahren repräsentativ oft im
Vordergrund.
Der zweite Weltkrieg bedingte wiederum einen Nullpunkt
auch im Fahrsport, zumindest in ganz Mitteleuropa. Bereits 1946 wurde aber in
Aachen das erste Nachkriegsturnier durchgeführt. Neben Aachen entstand
1950 das Fahrderby in Hamburg. Vierergespanne aus der Schweiz sowie aus den
Niederlanden waren die ersten ausländischen Teilnehmer und in den 60 er
Jahren kamen auch wieder Teilnehmer aus Jugoslawien, Ungarn, Polen,
schliesslich der Tschechoslowakei und aus Frankreich, nur keine Engländer.
Reglemente wurden entworfen und Fahrsportkreise formierten sich in den
verschiedenen Ländern und Gebieten. In diesem Zusammenhang sei besonders
die Schweiz hervorgehoben. Von Thun ausgehend (Regie: Artilleriefahrer) fand
man am gepflegten Fahren schon seit längerem viel Gefallen. Wagen und
Geschirre waren ja mehr als in anderen Ländern erhalten geblieben und die
konservative Mentalität in positivem Sinne trug manches dazu bei.
Wohl die am Umfang grösste Fahrveranstaltung der damaligen Zeit fand in
der ersten Septemberwoche 1969 in Nennikofen im Kanton Solothurn statt, und
zwar gewissermassen als machtvolle Manifestation unter dem Motte: "Das Pferd
soll bleiben"! Die Kavallerie wurde 1969 in der Schweiz - von der Kultur her
gesehen - unverständlicherweise rasch und total abgeschafft! Es hatten an
die 400 Gespanne jeder nur erdenklichen Art teilgenommen, begonnen mit einer
grossen Anzahl von landwirtschaftlichen und gewerblichen Gespannen
verschiedenster Kategorien, bis zu gepflegten Zwei- und Vierspännern der
staatlichen Anstalten. Ganze fünf Tage lang dauerten die Beurteilungen und
Prüfungen.
Unmittelbar nach der Grossveranstaltung in Nennikofen
wurden die Vorschläge aus zehn verschiedenen Nationen zu einem
Fahrreglement verarbeitet. Folgerichtig bot sich dafür die, den
Pferdesport zusammenfassende Fédération Equestre International
(FEI). Die ersten Absprachen fanden in Bern statt. 1969 wurde ein halbes Jahr
später, in Madrid, der Fahrsport in die FEI aufgenommen und ein weiteres
halbes Jahr später fand 1970 in Luzern die erste Europameisterschaft
statt. Das Reglement basierte schon bei seiner ersten Konzeption auf einem
Dreitagetest ähnlich der Military. (Gespannskontrolle, Dressur,
Geländeprüfung, Hindernisfahren)
1972 in Münster,
Deutschland fand dann die erste Weltmeisterschaft für Viererzüge
statt, die nicht zufälligerweise vom Fahrerchef der Eidg.
Militärpferdeanstalt (früher Remontendepot, heute Nationales
Pferdesport-Zentrum Bern), Auguste Dubey gewonnen wurde.
Der Fahrsport
hat sich lawinenartig entwickelt und heute vergeht kein Jahr, indem nicht eine
Weltmeisterschaft (Ein- Zwei- oder Vierspännig), oder auch
Europameisterschaft (Donau-Alpen-Pokal) durchgeführt wird. Vom März
bis in den Oktober könnte man jedes Wochenende an einer oder mehreren
Fahrprüfungen starten! Die Schweizer Gespanne konnten sich immer gut in
Szene setzen und gewannen zahlreiche Medaillen und Titel!! Manchmal sogar mehr
als die erfolgsgewöhnten Spring-, Dressur- und Militaryreiter.
Der Fahrsport ist zweifellos eine aufstrebende Sportart, die dank seiner
historisch und kulturell bedingten und naturnahen Tier und Mensch vereinigenden
Weise, noch eine grosse Zukunft vor sich hat. Nationale Turniere in Holland
ziehen schon lange über 40 000 Zuschauer pro Wettkampftag an! Fahren ist
ein Sport der alles beinhaltet, Schönheit, Kultur, Kunst, Eleganz,
Ausdauer, Rasanz, Spannung und Action. Es ist eine Mannschaftssportart, die
alle auf irgendeine Weise in den Bann ziehen kann. Wer einmal Fahrsport selber
betrieben hat, ist diesem schönsten Tun auf der Welt - dem Salz des Lebens
- verfallen. Im Mittelpunkt aber steht immer das Pferd, welches den Menschen
seit Urgedenken begleitet. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, Pferde aller
Rassen vollendet vorzustellen. Eine davon ist das Fahren! © Patrick Daepp,
Münsingen |
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Das Fahrteam Steckbrief Stefan Kläy Hansueli Kläy Unser Ziel Historie Der Fahrsport Links
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Auguste
Dubey Der Fahsport im Wandel der Zeiten Die Entwicklung
von 1930 - 2000 eine kritische Betrachtung von Weltmeister Auguste Dubey
ISBN - 3-89570-660-4 Preis: 38.- DM Erhältlich beim
GeigerVerlag, D-72160 Horb am Neckar |
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