Immer wieder kommt es zu Versäumnissen bei den Impfungen, hier eine kleine Auffrischung des SVPS:
Voller Vorfreude fiebert Stefan seinem ersten Turnier dieser Saison entgegen – endlich will er unter Beweis stellen, dass er trotz der aktuell schwierigen Lage seinen Trainingsrückstand aufgeholt hat. Die Mähne seines vierbeinigen Kameraden ist sorgfältig eingeflochten, der Transport ging reibungslos vonstatten, gesattelt und gezäumt geht’s Richtung Abreitplatz. Und dann macht ihm ein dummes Versäumnis einen kräftigen Strich durch die Rechnung.
Korrekt geimpft oder nicht? Es ist nicht immer ganz einfach, ein Impfzeugnis zu interpretieren. | SVPS/C.Heimgartner
Am Abreitplatz überwacht ein Offizieller das Geschehen und fordert Stefan auf, ihm den Pferdepass vorzuweisen – ja, die stichprobenweise Kontrolle der Pässe und Impfzeugnisse der teilnehmenden Pferde gehört zu den Pflichten der Offiziellen. «Kein Problem», denkt sich Stefan. Den Pferdepass hat er natürlich dabei, und auch die jährliche Auffrischungsimpfung hat er termingerecht veranlasst. Doch der Offizielle schüttelt bedauernd den Kopf: Leider wurde vor Jahren die Influenza-Grundimmunisierung des Pferdes unvollständig durchgeführt – das bedeutet ein Startverbot für dieses Pferd, bis die Grundimmunisierung nachgeholt und nach der zweiten Impfung eine Frist von einer Woche verstrichen ist.
Stolperstein Grundimmunisierung
Dass Pferde, die an Turnieren teilnehmen, korrekt geimpft sein müssen, ist allen Pferdesportlerinnen und -sportlern klar. Die jährliche Influenza-Auffrischungsimpfung, der sogenannte «Booster», gehört für die meisten zum Standardprogramm. Doch wie so oft liegt der Teufel im Detail: Wurde die Grundimmunisierung beim Jungpferd nicht ordnungsgemäss durchgeführt, sondern nur eine jährliche Influenzaimpfung verabreicht, ist der Impfschutz nicht vollständig und das Pferd somit nicht startberechtigt.
Die Pferdebesitzerin bzw. der Pferdebesitzer ist dafür verantwortlich, auch die Impfungen zu kontrollieren, die vor dem Besitzerwechsel vorgenommen oder eben unterlassen wurden. Ist die Grundimmunisierung unvollständig, kann – ja muss – sie im Erwachsenenalter des Pferdes nachgeholt werden. Da diese Grundimmunisierung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, lohnt es sich, sie gut zu planen, damit das Pferd zum Saisonstart im Frühling korrekt geimpft und fit ist.
Und vergessen Sie nicht: Am Turnier muss der Nachweis erbracht werden können, dass das Pferd korrekt geimpft ist, d. h., der Pferdepass mit dem Impfzeugnis muss zwingend zu jedem Turnier mitgebracht und den Offiziellen auf deren Aufforderung hin vorgelegt werden.
Geburtsjahr entscheidend
Das Impfschema ist nicht zuletzt abhängig vom Geburtsjahr des Pferdes, denn per 1. Januar 2013 wurden die Impfvorschriften in der Schweiz an internationale Standards angepasst.
Bei Pferden, die vor dem 1. Januar 2013 geboren sind, gilt die Grundimmunisierung mit zwei Influenzaimpfungen im Abstand von 21 bis 92 Tagen als vollständig.
Pferde, die nach dem 1. Januar 2013 geboren sind, gelten erst nach drei Impfungen als vollständig grundimmunisiert gegen Influenza. Auch diese Pferde müssen zunächst zweimal im Abstand von 21 bis 92 Tagen gegen Influenza immunisiert werden, eine dritte Influenzaimpfung muss dann spätestens sechs Monate und 21 Tage nach der zweiten Impfung erfolgen. Pferde sind jedoch bereits nach der zweiten Impfung der Influenza-Grundimmunisierung – unter Einhaltung einer siebentägigen Karenzfrist – startberechtigt für nationale Turniere in der Schweiz.
Ist diese Grundimmunisierung abgeschlossen, brauchen die Pferde nur noch den jährlichen Influenza-Booster. Die Influenza- bzw. Influenza-Tetanus-Kombinationsimpfung kann jedes Jahr am selben Tag erfolgen, also beispielsweise am 30. September 2019 und dann wieder am 30. September 2020. Länger darf aber nicht gewartet werden, sonst muss das Pferd erneut grundimmunisiert werden. Zwischen der letzten Impfung und einem Turnierstart muss eine Wartefrist von sieben Tagen eingehalten werden.
Starrkrampfimpfung
Anders als die Influenzaimpfung ist die Starrkrampfimpfung nicht Pflicht, um an Turnieren starten zu können. Da Pferde aber wie wir Menschen sehr empfänglich sind für Starrkrampf – auch Tetanus genannt -, wird ein Impfschutz wärmstens empfohlen, denn Pferde, die sich mit dieser Wundinfektionskrankheit anstecken, haben nur geringe Überlebenschancen. Die gute Nachricht ist jedoch, dass die Tetanusimpfung sehr zuverlässig vor der Krankheit schützt und allgemein gut verträglich ist. Ausserdem sind Kombinationspräparate für die gleichzeitige Impfung von Influenza und Tetanus verfügbar, was das Impfmanagement erleichtert.
Ein wirksamer Schutz gegen Starrkrampf ist erreicht, wenn die Pferde eine Grundimmunisierung durch zwei Injektionen im Abstand von 21 bis 92 Tagen erhalten haben. Anschliessend wird von den meisten Impfstoffherstellern empfohlen, alle zwei bis drei Jahre einen Booster zu verabreichen.
Diese Häufigkeit mag erstaunen, da beim Menschen eine Auffrischung nur alle 10 Jahre, bei gesunden Erwachsenen sogar nur alle 20 Jahre notwendig ist, um den Impfschutz aufrechtzuerhalten. Auch in Veterinärkreisen wird das Booster-Intervall heute erforscht und diskutiert, aber noch liegen keine eindeutigen Erkenntnisse vor. Ob ein Pferd noch ausreichend geschützt ist, lässt sich grundsätzlich testen, denn im Blut vorhandene Tetanusantiköper sind im Labor nachweisbar. Da die Kosten für einen solchen sogenannten Titertest jedoch mit denen einer Impfung vergleichbar und der Impfstoff meist gut verträglich ist, hat sich dieses Vorgehen bisher nicht durchgesetzt.
Impfungen für FEI-Veranstaltungen
Wer mit seinem Pferd an internationalen Turnieren unter der Schirmherrschaft des Weltreiterverbandes (FEI) teilnehmen möchte, muss bei den Impfungen die geltenden Vorschriften der FEI einhalten – auch wenn das Turnier in der Schweiz stattfindet.
An FEI-Turnieren muss zwingend eine Influenza-Grundimmunisierung mittels dreier Impfungen erfolgt sein. Die zweite Impfung soll – wie in der Schweiz – im Abstand von 21 bis 92 Tagen nach der ersten erfolgen. Die dritte Impfung dann innerhalb von sieben Monaten nach der zweiten Grundimmunisierungsimpfung. Pferde sind nach der zweiten Grundimmunisierungsimpfung unter Einhaltung einer Wartefrist von sieben Tagen startberechtigt.
Anschliessend sind Wiederholungsimpfungen im Abstand von maximal 365 Tagen erforderlich, wobei die letzte Impfung zum Zeitpunkt der Turnierteilnahme nicht länger als sechs Monate und 21 Tage zurückliegen darf. Pferde, die regelmässig über das ganze Jahr verteilt an internationalen Turnieren teilnehmen, müssen zweimal im Jahr geimpft werden.
Pferde, die vor dem 1. Januar 2005 bei der FEI registriert und mit zwei Impfungen im Abstand von 21 bis 92 Tagen korrekt grundimmunisiert wurden, müssen keine dritte Grundimmunisierungsimpfung innerhalb von sieben Monaten aufweisen. Dies unter der Voraussetzung, dass sie seither lückenlos korrekt, d. h. im Abstand von maximal 365 Tagen, geboostert wurden. Wurde die lückenlose Wiederholungsimpfung verpasst, muss das Pferd neu grundimmunisiert werden, und zwar mit drei Impfungen.
Pferden, die an FEI-Turnieren teilnehmen sollen, dürfen innerhalb von sieben Tagen vor der Ankunft auf dem Turniergelände keinerlei Impfungen verabreicht werden. Auf dem FEI-Turniergelände selbst dürfen Pferde nicht geimpft werden.
Die Tetanusimpfung ist auch an FEI-Turnieren freiwillig. An nationalen und internationalen Turnieren in Ausland können zudem je nach Gesundheitslage im jeweiligen Land zusätzliche Impfungen erforderlich oder empfohlen sein. Informieren Sie sich vor einer Auslandsreise bei Ihrem Tierarzt oder dem nationalen Pferdesportverband des Ziellandes über entsprechende Vorgaben.
Impfen für den Patrouillenritt?
Die Impfvorschriften gelten grundsätzlich nur für Turniere in den offiziellen SVPS-Disziplinen, d. h. Springen, Concours Complet, Dressur und Para-Equestrian Dressage, Voltige, Fahren, Endurance, Reining und Vierkampf. Die Veterinärkommission des SVPS legt jedoch allen Organisatoren von Pferdesportveranstaltungen nahe, die Impfvorschriften des SVPS auch in ihrer Disziplin durchzusetzen, um die Gesundheit des gesamtschweizerischen Pferdebestandes zu gewährleisten.
Cornelia Heimgartner